Offener Brief zum geplanten e-government-Gesetz

20. Oktober 2003

Sehr geehrte Abgeordnete!
Sehr geehrter Abgeordneter!

 

In diesen Tagen beschließt die Bundesregierung eine Regierungsvorlage zum e-government-Gesetz. Es handelt sich dabei um eine äußerst sensible Materie, die weitreichende Weichenstellungen im Verhältnis Bürger und öffentliche Verwaltung nach sich ziehen wird.

 

Es ist auch vonseiten der ARGE DATEN völlig unbestritten, dass viele Bereiche der öffentlichen Verwaltung reformbedürftig sind, große Einsparungspotentiale gegeben sind und die Informationstechnik ein wesentlicher Träger einer effizienteren Verwaltung sein kann.

 

Die bisherige Begutachtung zum e-government-Gesetz hat jedoch gezeigt, dass der vorliegende Entwurf eine Fülle an Schwachstellen und Problemen, teils technischer Natur, teils finanzieller und kompetenzrechtlicher Natur, aufweist.

 

Es sollen an dieser Stelle nicht alle Argumente wiederholt werden. Die ARGE DATEN hat in einer ausführlichen Stellungnahme (http://ftp.freenet.at/beh/StellungnahmeEGovernmentGesetz.pdf) auf die negativen datenschutzrechtlichen Auswirkungen hingewiesen, andere Stellen, wie die RTR, auf negative technische Entwicklungen.

 

Ich wende mich als Obmann der ARGE DATEN mit der Bitte an Sie, nicht bloß aus einer falsch verstandenen Eile ein Gesetz zu beschließen, sondern die Basis für einen großen Verwaltungsreformentwurf zu schaffen.

 

Dazu sind jedoch eine Reihe von Maßnahmen notwendig, die im vorliegenden Gesetzesentwurf nicht, beziehungsweise nicht ausreichend, berücksichtigt wurden:
– Schaffung einer die Länder- und Bundesverwaltung übergreifenden Kompetenzregelung zur Vereinheitlichung von zusammengehörenden Verwaltungsschritten (dazu werden die Ergebnisse des Österreichkonvents eine wichtige Voraussetzung darstellen).
– Reorganisation der Verwaltung in Richtung maximaler Transparenz zum Bürger. Unabhängig von der Verwaltungsstelle soll jeder Bürger die Möglichkeit haben, vom ersten Kontakt an verlässliche Terminzusagen zu erhalten und eine vollständige Information über alle ihn persönlich betreffenden Rechte und Verpflichtungen erhalten.
– Kostenwahrheit: Gerade in einer Einführungsphase werden e-government-Lösungen enorme Kosten verursachen, diese sollten von Beginn offen gelegt werden.
– Effiziente Kontroll- und Aufsichtsstellen: Im vorliegenden Entwurf wird mit der Datenschutzkommission jene Stelle als Stammzahlenregisterbehörde nominiert, die auch später für die datenschutzrechtliche Kontrolle zuständig sein soll. Eine Konstruktion, in der eine Behörde sich selbst kontrolliert, ist einer modernen Verwaltung unwürdig.
– Sicherung eines elektronisch unabhängigen Zugangs zur Verwaltung zu denselben Kosten und Konditionen wie bei den e-government-Lösungen. Gerade ältere Personen, sozial schwache, aber auch Gruppen mit sehr geringen Behördenkontakten, haben Anspruch auf einen direkten Zugang zur Verwaltung ohne zusätzliche Kosten.

 

Gerade die Ereignisse rund um die Sozialversicherungskarte (E-Card) und die Reform des Hauptverbandes zeigen uns, dass vorschnelle Lösungen nur scheinbar zu raschen Ergebnissen führen. Tatsächlich blockieren unausgegorene rechtliche Bestimmungen eine rasche Entwicklung über viele Jahre.

 

In diesem Sinne appelliere ich an Sie, dem bestehenden Gesetzesentwurf nicht zuzustimmen und gemeinsam mit dem Österreichkonvent, den Sozialpartnern und allen Organisationen, denen eine effiziente und für die Bürger transparente Verwaltung ein Anliegen ist, eine umfassende e-government-Lösung zu erarbeiten.

 

Mit vorzüglicher Hochachtung
Dr. Hans G. Zeger eh, Obmann ARGE DATEN

 

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Der Brief in Original-Layout findet sich unter
http://ftp.freenet.at/beh/nr-abgeordnete.031021.pdf