e-government-Gesetz – Wirtschaft schließt sich Bedenken der ARGE DATEN an

5. November 2003

Austria-Card geht auf Distanz zur Signatur-Light

Im Zuge der Diskussion um das e-government-Gesetz erhielten wir jetzt auch eine Stellungnahme des Geschäftsführers der Austria-Card. Diese Firma wäre bei der Umsetzung der Bankomatkarte als Bürgerkarte einer der Hauptauftragnehmer.

CEO Fritz Tupy: ‘Auch wir bedauern, dass der Verwaltungssignatur derart lange
Übergangsfristen eingeräumt werden sollen, da dies natürlich negative Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit unserer Investitionen in die Entwicklung der sicheren Signatur haben wird.’ (kompletter Text http://ftp.freenet.at/beh/e-gov-austriacard.031105.pdf)

WK-Funktionäre lehnen selbst kontrollierende Behörde ab

Auch wesentliche Funktionäre der Wirtschaftskammer lehnen die Idee der sich selbst kontrollierenden Bürgerregisterbehörde ab. Vermutlich ist ihnen bewußt, dass eine derartige Konstuktion keinesfalls dem EU-Recht entspricht.

Nach dem BKA-Entwurf, unter Federführung von Frau Kotschy und Herrn Posch entstanden, sollte die Datenschutzkommission das Bürgerkennzahlenregister verwalten und wäre – bequemerweise – auch gleich für Beschwerden dazu zuständig. Dass der Vorschlag ausgerechnet vom ‘geschäftsführenden’ Mitglied der Datenschutzkommission kommt, ist reichlich eigentümlich.

Der Ministerrat hat den Vorschlag unkommentiert übernommen. Das überrascht nicht, ist doch das ‘geschäftsführende’ Mitglied der Datenschutzkommission gleichzeitig weisungsgebundene Beamte des Bundeskanzlers.

e-government-Gesetzesentwurf immer fragwürdiger

Das ‘europaweite Vorzeigegesetz’, so das Selbstlob von Bundeskanzler Schüssel, wird dieser Bezeichnung nicht gerecht. Es spricht viel dafür, dass die gesamte Konstruktion sowohl verfassungs- als auch EU-widrig ist.

Der bisherige Entwurf zum e-government-Gesetz, eigentlich bloß ein Bürgerkennzeichnungsgesetz, wird immer fragwürdiger.

Die von der ARGE DATEN aufgezeigten wesentlichen Bestandteile einer sinnvollen Verwaltungsmodernisierung fehlen weiterhin:
– Schaffung einer die Länder- und Bundesverwaltung übergreifenden Kompetenzregelung zur Vereinheitlichung von zusammengehörenden Verwaltungsschritten (dazu werden die Ergebnisse des Österreichkonvents eine wichtige Voraussetzung darstellen).
– Reorganisation der Verwaltung in Richtung maximaler Transparenz zum Bürger. Unabhängig von der Verwaltungsstelle soll jeder Bürger die Möglichkeit haben, vom ersten Kontakt an verlässliche Terminzusagen und eine vollständige Information über alle ihn persönlich betreffenden Rechte und Verpflichtungen zu erhalten.
– Kostenwahrheit: Gerade in einer Einführungsphase werden e-government-Lösungen enorme Kosten verursachen, diese sollten von Beginn offen gelegt werden.
– Effiziente Kontroll- und Aufsichtsstellen: Im vorliegenden Entwurf wird mit der Datenschutzkommission jene Stelle als Stammzahlenregisterbehörde nominiert, die auch später für die datenschutzrechtliche Kontrolle zuständig sein soll. Eine Konstruktion, in der eine Behörde sich selbst kontrolliert, ist einer modernen Verwaltung unwürdig.
– Sicherung eines elektronisch unabhängigen Zugangs zur Verwaltung zu denselben Kosten und Konditionen wie bei den e-government-Lösungen. Gerade ältere Personen, sozial schwache, aber auch Gruppen mit sehr geringen Behördenkontakten, haben Anspruch auf einen direkten Zugang zur Verwaltung ohne zusätzliche Kosten.

Hans G. Zeger, Mitglied des Datenschutzrates: ‘Sollte dieser Entwurf tatsächlich verabschiedet werden, hat er alle Chancen, postwendend vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben zu werden. Von der Brüskierung des derzeit laufenden Österreichkonvents ganz abgesehen.’

Datenschutzposition Österreichs weiter geschwächt

Auch innerhalb der EU wird durch derartige Rechtskonstruktionen die Glaubwürdigkeit Österreichs in Sachen Datenschutz weiter geschwächt.