A-TRUST Turbulenzen schaden Zertifizierungsdiensten

27. Januar 2006

Verschiedene Medien berichten über drohende A-TRUST-Pleite

In mehreren Medien wurde von einer Überschuldung der A-TRUST und einer drohenden Pleite berichtet (Kurier http://www.kurier.at/wirtschaft/1258600.php und futurezone http://futurezone.orf.at/it/stories/85696/). Als Grund wurde der seit Jahren äußerst schleppende Absatz an sogenannten “sicheren Signaturen” genannt.

Zuletzt wurde – erfolglos – versucht, über die Bankomat-Signatur den Absatz anzukurbeln. Die ARGE DATEN bezweifelte schon zu Beginn 2005, dass die ehrgeizigen Ziele von 200.000 sicheren Bankomat-Signaturen im Jahr 2005 nicht realistisch sind und behielt vollinhaltlich recht.

Vertrauensschaden für Zertifizierungsdienste

Grundsätzlich sind Zertifizierungsdienste Vertrauensdienste. Die technischen Anforderungen sind relativ überschaubar, wesentlich ist jedoch, ob eine Lösung transparent ist, die Menschen die Lösung durchschauen und letztlich Vertrauen in die Technik und in den Anbieter haben. Offenbar war das beim bisherigen Angebot sicherer Signaturen nicht der Fall.

Die Gründe für den Vertrauensmangel dürften vielfältig sein, ein wesentlicher Teil sind offenbar überzogene Sicherheitsanforderungen beim Konsumenten und die daraus resultierende Abwälzung der Verantwortung bei Missbrauch an den Konsumenten. Eine Verantwortung, die er angesichts der Komplexität der Kartenlösung nicht tragen kann und will.

Immerhin muss man sich vor Augen halten, dass der Einsatz der Bankomat-Signaturkarte zu Hause eine Computersicherheit erfordern würde, die mit der Sicherheitsausstattung eines Bankomatterminals vergleichbar wäre. Erfüllt der Benutzer nicht alle Kriterien, würde er bei Fehlern haften. Tatsache ist jedoch, dass derzeit niemand die Sicherheit eines Home-Computers garantieren kann.

Mit dem Schleuderkurs von A-TRUST wird jedoch auch die Vertrauenswürdigkeit im gesamten Zertifizierungssegment beschädigt. Hier ist die Politik gefordert, raschest zu reagieren und jene realistischen Techniken zu stärken, die vom Markt angenommen werden.

Neuordnung der Signaturlandschaft notwendig

Mit den A-TRUST-Erfahrungen reicher und 5 Jahre nach Einführung des Signaturgesetzes wäre eine grundlegende Neuorientierung notwendig.

Klar ist, dass das Signatursystem für Konsumenten derzeit nicht geeignet ist. Zu undurchschaubar, zu störanfällig und zu teuer.

Umgekehrt gibt es eine Reihe sinnvoller Anwendungen, sei es im Bereich der elektronischen Rechnungslegung (“fortgeschrittene Verfahren”), im Verkehr der Behörden untereinander (“Amtssignatur”), bei sicheren Webangeboten (“Serversignatur”) oder auch im Verkehr von Unternehmen mit häufigen Behördenkontakten (Notare, Anwälte, Wirtschaftstreuhänder). Für diese Gruppen sollten fortgeschrittene Verfahren generell als Standard freigegeben werden.

Umdenken bei e-Government notwendig

Besonders bedrohlich sind die A-TRUST-Turbulenzen in Hinblick auf das e-Government-Gesetz. Dieses wurde ausschließlich auf dieses Unternehmen hin formuliert, die gesamte staatliche Verwaltung und der Zugang der Bürger zu dieser Verwaltung wurden damit in die ungewissen Geschicke eines Privatunternehmens gelegt. Eine unzumutbare, geradezu beispiellose Situation, in die der Gesetzgeber offenbar ganz bewusst gegangen ist.

Tatsächlich könnte e-Government auch ohne komplizierte Signaturverfahren für die Bürger bequem, sicher und kostengünstig organisiert werden. Das derzeitige e-Government-Gesetz behindert solche Lösungen und sollte schleunigst geändert werden.

A-CERT höchst erfolgreich bei fortgeschrittenen Signaturen

Dass der Signaturmarkt in klar definierten Bereichen funktioniert, zeigt die Erfolgsstory von A-CERT ADVANCED. Dieses Zertifikat für fortgeschrittene Signaturen wird quer durch die Branchen von vielen Unternehmen zur Rechnungslegung verwendet.

Hans G. Zeger, Projektverantwortlicher von A-CERT: “Aufgrund der bisherigen Verkaufszahlen werden 2006 zwischen 5 und 10 Millionen elektronische Rechnungen durch ein A-CERT ADVANCED Zertifikat signiert und als vertrauenswürdig bestätigt.”

A-CERT sieht in der Substanz von A-TRUST sehr wohl ausbau- und lebensfähige Marktsegmente.

Hans G. Zeger: “Es besteht von unserer Seite sehr wohl ein Interesse an der A-TRUST. Erste Finanzierungsüberlegungen und Machbarkeitsanalysen wurden schon durchgeführt. Bei Konzentration auf das Kerngeschäft könnte A-TRUST eine interessante Ergänzung zu A-CERT darstellen. Es wird an den A-TRUST-Gesellschaftern liegen, ob es zu einer konstruktiven Zusammenarbeit und Bündelung der Kräfte kommen wird.”

Mit der Übernahme der A-TRUST wäre auch das Weiterbestehen der bisher ausgegebenen Zertifikate gesichert.